marion_jul320ROSEN-METHODE
Vortrag in der Reihe
HEILSAME BERÜHRUNGEN
im Rahmen der Lindauer Psychotherapiewochen.

von Juliane Maria Knoop
auf Einladung von Dr. Luise Reddemann

Ich habe mich sehr über die Einladung von Frau Dr. Reddemann gefreut, Ihnen heute die ROSEN-METHODE KÖRPERARBEIT vorzustellen. Mit Blumen hat sie nichts zu tun. Der Name stammt von Marion Rosen, einer in die USA ausgewanderten Deutschen, die jahrzehntelang als Krankengymnastin gearbeitet hat. Sie war um die 60 Jahre alt, als sie mit der ROSEN-METHODE an die Öffentlichkeit trat. Jahre zuvor, noch als junge Frau in Deutschland lebend, war sie eine Schülerin von Lucy Heyer und hatte auch zu Karen Horney und Gertrud Lederer Kontakte geknüpft. Sie arbeitete mit Psychoanalytikern u.a. Gustav Heyer, einem Schüler und Kollegen CG Jungs, zusammen und unterstützte mit ihrer „Berührungsarbeit“ die Psychoanalyse.

So ist die ROSEN-METHODE ganz und gar aus ihrer Praxis, der Arbeit mit Menschen, ihren Klienten, entstanden. Es geht hier um eine heilsame Berührung – einer Berührung von verspannten Muskelregionen, die wir uns im Laufe der Zeit wie Schutzwälle, Barrieren aufbauen.

Warum tun wir das?

Die Schutzhaltung hilft uns, nicht bloßgestellt zu sein, uns nicht zeigen zu müssen, macht unseren Rückzug und unsere Zurückhaltung möglich, macht uns unverletzbarer – so wie wir wirklich sind, geht niemanden etwas an, mit Fassaden und Masken begegnen wir dem Leben. Wenn Gefühle zum gegebenen Zeitpunkt nicht verarbeitet, nicht gezeigt oder zum Ausdruck gebracht werden konnten, – sei es, weil es gerade nicht passte nicht erlaubt war (Kindheit) nicht adäquat erschien oder einfach zu schmerzlich gewesen wäre, dann sind sie verdrängt worden, weggesteckt um zu vergessen. Doch im Unterbewusstsein sind sie noch da, im Körper, in den Muskeln gespeichert. So beginnen wir dann an verschiedenen Stellen im Körper (Rücken, Beine Bauch, Zwerchfell etc.)dagegen zu spannen, nämlich gegen das, was eigentlich gefühlt werden möchte.

Muskeln funktionieren normalerweise so, dass sie sich anspannen und wieder entspannen – das ist ihre Arbeit. Wenn Gefühle festgehalten, verdrängt werden, d.h. nicht geäußert, ausgedrückt werden, können die Muskeln nicht mehr ihre Arbeit tun, sie können sich nicht mehr entspannen, verharren angespannt in einer Hab-Acht-Stellung. Es ist, als hätten sie vergessen, zu entspannen. So kommt es zu chronischen Verspannungen und damit chronischen Schmerzen, energetischen Blockaden; der Atem kann dort nicht mehr frei hindurch, wo das, was neu ins Leben treten möchte, möglichst vermieden wird.

Was macht die Rosen-Methode? Wie geht sie vor?

Der Klient liegt in der ersten Hälfte der Sitzung auf dem Bauch auf einer Liege, wenn möglich sind Oberkörper und Beine unbekleidet. (Später liegt er dann auch auf dem Rücken). Die Praktizierende erkundet zunächst mit den Augen den ganzen Körper, schaut, an welcher Stelle er nicht den Raum einnimmt, den er einnehmen könnte, wo er sich klein und eng macht, sich versteckt oder gar zurückhält, wo auch der Atem flach ist oder sich nicht zeigt. Wie passen die verschiedenen Teile in ihren Proportionen zueinander? (Schmale Schultern – breites Becken) Welchen Ausdruck zeigt das Gesicht? Schließlich: welche unbewussten Prozesse haben den Körper so geformt, wie er sich jetzt zeigt?

All das sind Barrieren in Form von muskulären Verspannungen, die uns das Leben eingegrenzter erfahren lassen, wo weniger Möglichkeiten bestehen am Leben teilzunehmen (z.B. Verspannungen am Nacken, in den Armen an Rücken und Beinen). Dort, wo die Muskeln die Erfahrungen von unterdrückten Gefühlen unter Kontrolle halten, nämlich wo sie hart und fest sind, beginnen wir mit der Berührung. Wir beginnen mit den Händen dort zu arbeiten, wo die Verspannung eindeutig sichtbar ist, z.B. am Rücken; die Hände halten dort inne, wo sie die Verspannungen spüren, begegnen diesen Verspannungen mit Druck, gemäß ihrer Stärke, berühren mit allen Teilen der Hände (Handballen, Daumen, Finger etc.). Es ist so, als ob alle Sinnesorgane in den Händen vereinigt seien, sie tasten nicht nur, sondern schmecken, riechen, schauen. Es sind neugierige Hände.

Das Innehalten an einer Stelle erfolgt so lange, bis beim Klienten eine Veränderung spürbar oder sichtbar wird – sei es in der Atembewegung, sei es im Gesichtsausdruck, in der Farbe der Haut, dem Flattern der Augenlider. Häufig spürbar auch das Weicher- und Flacherwerden der verspannten Muskulatur. Durch die Berührung entsteht ein Bewusstsein in den Körperzellen, das sich dem intellektuellen Wissen nicht erschließt.

Diese Berührung, die nichts fordert, nichts erreichen will, schlicht erwartungslos ist, macht es dem Klienten möglich sich tief zu entspannen und sich gleichzeitig seines Festhaltens bewusst zu werden; damit einhergehend eröffnet sich der Raum mit verborgenen Gefühlen in Kontakt zu kommen, diese dürfen nun auftauchen und bewusst werden, in Form von Erinnerungen, Bildern, auch Gerüchen und Farben.

In dem Moment wird Erlebtes wieder erlebt, diesmal jedoch verbunden mit dem „dazugehörigen“ Gefühl, jenem Gefühl das damals nicht gezeigt werden durfte oder konnte, und nun über viele Jahre oder gar Jahrzehnte mit Hilfe der Muskelverspannung unter Kontrolle gehalten, darin verwahrt wurde. In ihrer Erinnerung wissen die Klienten um die Geschichte, haben sie vielleicht auch schon des öfteren anderen mitgeteilt, was jetzt hinzu kommt ist das Gefühlte, z.B. Angst. Wie Marion Rosen in ihrem Buch sagt: „die ROSEN-METHODE hilft Klienten die gefühlte Bedeutung früher emotionaler Verletzungen zu erfahren“ (S. 26)

Die aufnahmebereiten aufmerksamen Hände schaffen nun Raum für die innere Stimme des Klienten. In dieser offenen Berührung entsteht die Hingabe zu sich selbst und das sich Annehmen. Das was hinderlich und eingrenzend, ja unnötig war, kann jetzt erkannt – alte Glaubenssätze und Denkmuster können neu angeschaut oder aufgegeben werden. So angenommen zu sein, wie ich bin, mit all meinen kleinen und großen Unzulänglichkeiten, gibt eine Kraft, die weit über das hinausgeht, wie man sich bisher selbst wahrgenommen hatte. Oftmals reicht es schon aus, dass die Menschen durch die Berührung sich ihrer enormen Anspannung gewahr werden und dann loslassen können.

Das Festhalten braucht sehr viel Energie, das merken wir nicht, wir merken es erst dann, wenn diese Energie zum Festhalten nicht mehr gebraucht wird, sondern für Kreativität zur Verfügung steht.

Die Atmosphäre, die zwischen Klient und Praktizierendem entsteht, macht es möglich, den an die Oberfläche tretenden Gefühlen Ausdruck zu verleihen, verbal und nonverbal. Jetzt können Tränen über längst Vergessenes fließen, Licht kann in das Dunkel, Luft in das Zusammengepresste gelangen.

Marion Rosens Leitsatz liegt ein Wort aus dem Thomas Evangelium (Kap. 70) zugrunde. Es lautet: „Wenn du das hervorbringst, was in dir ist, wird dich das was du hervorbringst retten. Wenn du nicht hervorbringst was in dir ist, wird dich das, was du nicht hervorbringst zerstören.“ Auf unsere Arbeit übertragen: Unsere verdrängten Teile in uns arbeiten gegen uns; sie bringen Krankheiten, Einschränkungen in physischer und psychischer Form.

Der Atem

Der Schlüssel unserer Arbeit ist der Atem, das Zwerchfell das „Stimmungsbarometer.“ Über das Atemmuster erhalten wir Informationen: welches Statement wird verkörpert, welcher Platz im Leben eingenommen? Auf die Atembewegung richten wir während der Berührung unsere Aufmerksamkeit, nehmen Veränderungen wahr; sie deuten darauf, dass auch innerlich etwas in Bewegung kommt, sobald die Berührung tiefer dringt, der Atem das Verdrängte aus den tieferen Schichten hervorholt. So ist der Verlauf des Atems wie ein roter Faden, dem wir folgen und nie wissen, wohin Es uns führen wird, welche Teile am Ende einer Sitzung das Gesamtbild runden.

Wenn sich im Laufe der Sitzung das Zwerchfell in der Atembewegung entspannt, entsteht ein friedliches, nährendes Wohlgefühl, eine Gelassenheit und ein Annehmen von dem, was ist.

Die Bedeutung der Worte

Die ROSEN-METHODE hat auch einen verbalen Teil. Was wir am Körper wahrnehmen, wird dem Klienten mit Worten mitgeteilt. Es sind kurze Mitteilungen, z.B. über die Atembewegung, über das Festhalten bestimmter Körperregionen. Es ist nicht unsere Aufgabe den Klienten zu interpretieren oder ihm Ratschläge zu geben. Im Gegenteil, wir beschränken uns auf Aussagen über das, was wir im Körper sehen. Wenn der Klient sich dann mitteilt, beobachten wir den Atem, achten auf die Stimme, geben zurück, inwieweit der Köper das Gesagte bestätigt. Wir bleiben neutral.

Bei Beginn stellen wir oft ganz allgemeine Fragen. Z.B. erkundigen wir uns nach Lebensumständen, etwa der Lebensweise, den menschlichen Beziehungen, Krankheiten, den Beruf betreffend. Wenn der Körper bei diesen Gesprächen auf die Berührung reagiert, fragen wir z.B.: was ist da? Was geschieht gerade? Die Worte helfen dem Klienten zu spüren, was gerade in ihm vorgeht, was für ihn in dem Moment wahr und wichtig ist.

Kommt der Klient mit seinen Gefühlen in Verbindung, fühlbar durch das Aufgeben der Anspannung, sichtbar z.B. an nur einer Träne, die aus dem Augenwinkel rollt, schweigen wir, die Hände werden still, bleiben präsent, dem Klienten wird Raum gegeben, mit dem zu sein, was gerade auftaucht. Die Klienten werden in keiner Weise be- oder gedrängt.

Der Respekt, den wir ihnen entgegenbringen, macht es ihnen möglich, uns den Weg zu zeigen, der zu ihren zurückgehaltenen Gefühlen führt. Erwartet man gar nichts, scheinen Klienten am meisten mitzuteilen. Vielleicht ist es die Liebe, ihre Angst oder ihr Schmerz, worüber sie nie vorher gesprochen haben. Und nun die Erleichterung – endlich nichts mehr zurückhalten zu müssen!

Die schwedische Wissenschaftlerin Dr. Kerstin Uvnäs-Moberg hat ein Buch mit dem Titel Lugn (dt.: Ruhe ) veröffentlicht. Sie fand heraus, dass jedes Mal, wenn wir in nicht-aggressiver Weise berührt werden, das Hormon Oxytocin freigesetzt wird. Es bringt dem Berührten Frieden und Erfüllung. Wenn diese Entspannung eintritt, dann haben die Menschen auch Verbindung zu ihren Gefühlen. Ohne diese Nähe zu leben, sagt sie, hat nachteilige Folgen auf die Gesundheit. Dr. Moberg hat die ROSEN-METHODE kennen gelernt und sich in diesem Sinne in einem Interview dazu geäußert.

FALLBESCHREIBUNG – Schilderung einer Klientin

Die Rosen-Arbeit war für mich ein Weg tiefgreifender, heilender und erlösender Erfahrungen. Nach einem Sturz, der 10 Jahre zurücklag, bei dem ich zwei Rückenwirbel gebrochen, aber keine spürbaren Schmerzen zurückbehalten hatte, hatte sich um mein Becken und meinen gesamten Rücken bis zum Nacken ein festes Paket gelegt, das mir in den Jahren danach Beschwerden bereitete, die niemand auf den Sturz zurückführte. In der Berührung der Hände gab das Gedächtnis meines Körpers Bilder frei, die mich verstehen ließen, dass mein Körper zu meiner Rettung einen Schutzpanzer um sich gelegt hatte. Es fühlte sich an wie ein Korsett. Ich hatte Migräne, zeitweise eine Blockade der Beine, und ich wurde depressiv, Ich fühlte mich oft wie gelähmt, obwohl mir gerade das bei dem Sturz erspart blieb. Ganz langsam konnte ich Kontakt mit meiner Seele finden und bei jeder Behandlung einen Teil dieses Korsetts auflösen. Nach und nach gab mein Körper auch andere Bilder frei, Bilder traumatischer Erfahrungen, die mich in meiner Kindheit geprägt hatten. In einer begleitenden Psychotherapie war es mir nicht gelungen, zu diesen Quellen vorzudringen. Ich erkannte, dass mein Körper als Hüter des Gedächtnisses meiner Seele ein viel weiserer Führer zu verborgenen Schmerzen ist, als der Weg, den mein Wille und mein Verstand bisher gewiesen hatten. Als mit der einfühlsamen Unterstützung der Rosen-Praktizierenden die in meiner Seele verborgenen Schmerzen endlich erhört wurden, spürte ich ein körperliches Gefühl tiefer Erlösung, das bei manchen Sitzungen wie die Ahnung eines neuen freieren unbeschwerten Lebens war. Es war, als habe meine Seele darauf gewartet, wirklich berührt zu werden, Und das geschah nun endlich mit diesen leichten Berührungen der Hände. Langsam konnte die an den blockierten Stellen festgehaltene Energie wieder in mein Leben fließen. Das hat mir mit 45 Jahren geholfen, beruflich und privat neue, erfülltere Wege zu gehen.

Mit welchen Themen kommen die Menschen zur ROSEN-METHODE?

Als wichtigste Funktion unserer Arbeit sehen wir, Menschen zu ihrem inneren Wachstum zu verhelfen. Das Ziel ist es Menschen darin zu unterstützen, ihr Potential zu entdecken und zu nutzen.

Themen

  • Körperliche, spannungsbedingte Beschwerden
    (z.B. Rücken, Nacken, Schulter, Kopf)
  • Beziehungsprobleme, Partnerschaft, Eltern-Kind
  • Themen wie Trennung, Hinterfragen von Lebenskonzepten/Glaubenssätzen Entscheidungen treffen, Probleme am Arbeitsplatz

Benefit / Gewinn

Um nur Einige zu nennen:

  • Stärkung des Immunsystems
  • Entwicklung potentieller Kräfte
  • Selbstvertrauen /Selbstliebe
  • Gelassenheit / Geduld
  • Freude / Genuss
  • Das Leben wird simpler, vereinfacht sich
  • Klarheit im Erkennen/Klareres Sehen
  • Kraft
  • Toleranz
  • Kreativität
  • Wissen, was man wirklich will

Zitat aus dem Geleitwort zum Buch: Die Rosen-Methode Körperarbeit (dt. Ausgabe)
von Dr. Luise Reddemann

„Die von Marion Rosen entwickelte Vorgehensweise zielt auf eine behutsame Befreiung unterdrückter, im Körper, besser wohl im Körpergedächtnis, festgehaltener Gefühle. Dabei ist die Arbeit mit dem Körper oft sehr viel leichter als der Weg über die Sprache und die Kognitionen. Marion Rosens Arbeit zeichnet sich im Unterschied zu manchen anderen körpertherapeutischen Methoden durch ihren großen Respekt vor dem was ist, aus. Zwar will sie lösen und befreien, aber es geht ihr nicht um das Aufbrechen eines Panzers, um Katharsis unter allen Umständen, sondern sie will Menschen achtsam auf ihrem Weg der Selbstentdeckung begleiten.“

Die Rosen-Methode allein oder in Kombination mit verbaler Psychotherapie kann in verhältnismäßig kurzer Zeit, wenn jemand dazu bereit ist, neue Räume eröffnen, es kann aber auch eine Begleitung über lange Zeit sein, die gerade für diejenigen, die einen Mangel an körperlicher Zuwendung erlitten haben, sehr wertvoll sein kann um so nach und nach Veränderungsprozesse in Gang zu setzen.“

Der Vortrag kann heruntergeladen werden